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BILDER FONTANES GEGEN DEN TOD. VOM VERSTECKSPIELEN ZUM KRYPTISCHEN ERZÄHLEN

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ner Mutter hat­ten. An der wei­ße­sten Schürze, die mir je vor­ge­kom­men ist. Aber sei weiß wie Schnee und wei­ßer noch: Ach, die Ver­leum­dung trifft dich doch."41 Schon war, mit dem Wech­sel vom Stadt­haus in die Tier­gar­ten­vil­la, das zweite Steckenpferd des Kom­mer­zi­e­nrats ins Spiel ge­kommen, daß er näm­lich "ein noch lei­denschaftli­cherer Obstzüchter als Bil­der­samm­ler war."42 So soll denn der Obst­gar­ten mit den Pal­men­häu­sern im Zentrum zum Ort des Ehe­bruchs wer­den; ge­mäß der bib­li­schen Bil­der­tra­di­ti­on als "Sün­den­fall" abgehandelt, wird er in An­leh­nung an den Züch­tungs­jar­gon des Ehe­manns der­ber als Ba­star­di­sie­rung sti­li­siert.


Den Topos des Sündenfalls hat Jürgen Kolbe für das "Palmen"-Kapitel genauer un­tersucht. "Im Zeichen der Paradiesesmotivik" stehen für ihn besonders das religiö­se Dekor des Palmenhauses und Melanies ein­lei­ten­des Bekenntnis, "unsere Scham ist unsere Schuld".43 Sie sagt dies im Obstgarten, wo sie und ihr Haus­freund Ru­behn nach dem Diner "ein zweites Dessert von den Bäumen pflücken" wollen, als das Töch­ter­chen so un­vergleichlich – "so lange die Welt steht" – unbekümmert um ihr verrutschendes Kleid auf dem Ve­lo­zi­ped vor­an­fliegt. Der nachfolgende "Fall" selber, der sich mit Melanies Sehnsucht an­ge­sichts der nie­der­schwebenden und wieder steigenden Schneeflocken ankündigte und vom Ehe­mann her­aus­for­dernd in Art einer Self-Fulfilling-Prophecy als Weltgesetz dekretiert wurde,44 steht ge­mäß der Eva-Ma­ria-Tra­di­ti­on freilich schon im Zeichen der Aussöhnung, was bald be­kräftigt wird, wenn van der Straa­ten die tau­mel­nde Melanie Heiligabend eben noch auffängt und dabei von ihrer Schwan­ger­schaft er­fährt.45 Bei der näch­sten Be­geg­nung mit Rubehn errät Melanie dessen Geschmack, die Wahl ei­ner Gar­ni­tur künst­licher Gra­natapfelbaumblüten (in mittelalterlicher Kunst vom Baum des Le­bens, der auch Sinn­bild der Frucht­bar­keit Mariae ist).46 Der Apfel wird zum Ab­schluß der Erzählung noch ein­mal in­tri­kat ins Spiel ge­bracht, wenn van der Straa­ten mit seinem Geschenk für die Neu­ver­hei­ra­te­te, der in ei­nem Gra­ven­stei­ner Ap­­­fel ver­steck­ten Miniatur der "Ehebrecherin", Kunst und Na­tur auf die ihm ei­ge­ne Weise aus­söhnt.

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41 N IV, 56    42 N IV, 37

43 Jürgen Kolbe, Goethes 'Wahlverwandtschaften' und der Roman des 19. Jahrhunderts, Stutt­gart, 1968 (vgl. Kap. IX).  

44 N IV, 11 und 55    45 N IV, 78    46 N IV, 79

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Titelillustration (Berlin 1998)
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