Home
Impressum
RUTH FLEIGS GALERIE
Schulkinder malen
Bilderbuch Rob. Rabe
Kritzel-Kratzel
HORST FLEIGS TEXTE:
I  Philosophica
II  Reiseberichte
III Zu Wim Wenders
IV Film und Kindheit
V Mitschüler/Schulen
VI Germanistisches
A DER ALTE GOETHE
Briefpartner
Briefkunst
Gesprächspartner
Goethes Tagebuch
Schatten des Todes
Ausg. letzter Hand
Weltliteratur
Geistig vereinsamt
Sekretieren
Erinnerungsschocks
Sich-historisch-Sein
›Warte nur, balde‹
Kollektivwesen Genie
Hypsistarier Goethe
B ZU THEODOR FONTANE
Herr von Ribbeck
Grete Minde
Ellernklipp
Unt. Birnbaum. Quitt
L'Adultera
Schach von Wuthenow
Gegenzeitigkeit
Zur Stechlin-Fontäne
C ZU »BONAVENTURA«
Literar. Identität
Mikrostilistik
Exlusionsphase
›Memnon‹-Nacht
Name und Maske
D ZU AUG. KLINGEMANN
Kandidatenreigen
Sprachstatistiken
K-s Artikel und ›Nw‹
Datierungstabelle
Arnims Nachtwache
Nacht bei Klingemann
Pseud. Bonaventura
Demiurg Shakespeare
Maske »Bonaventura«
»Parallelen«-Debakel
Mimetisches Genie
Prometheus Theater
Braunschweiger Vita
Vampirismus
Zwei Lieblingsorte
Collegium Medicum
Freigeist Lessing
Mentor Eschenburg
Alessandro-Kreuzgang
Postskripta 2011


LITERARISCHER VAMPIRISMUS. KLINGEMANNS NACHTWACHEN. VON BONAVENTURA 

____________________________________________________________________________________


nächst als Pedell, dann als Kopist und schließlich als Registrator Dienst. Nach Ribbentrop befaßte sich diese ober­ste Me­di­zi­nal­be­hör­de des Landes mit den Examen der Ärzte, Apotheker, Bader und Hebammen, mit Vi­si­ta­ti­o­nen und an­de­ren Aufgaben der Medizinalpolizei.178 Mit der Behörde wurde Klingemann dem­nach nicht erst um 1805 als Nach­fol­ger des Va­ters ver­traut, viel eher schon dürften ihn me­di­zi­ni­sche Be­lan­ge so sehr be­schäf­tigt haben, daß man sich unter dem Ver­fasser der »Nacht­wa­chen« auch ei­nen Arzt vor­stel­len konn­te. Zu­gang zur Fach­literatur ermöglichte ihm schon der Va­ter, der in den Braun­schwei­gi­schen An­zei­gen vom 2.3.1799 ei­ne Reihe von medizinischen Bü­chern auf­führt, die bei ihm in Kom­mis­si­on zu haben seien. Klingemanns Lehrer Eschenburg war ein An­hän­ger des Browni­a­nis­mus, den Hans­wurst in der 8. Nacht­wa­che so ve­he­ment ver­tritt, und em­pfahl dies Heil­sy­stem in sei­nen Vor­le­sun­gen am Carolinum.179 Zu Klin­ge­manns Je­na­er Freun­den zähl­ten zwei Me­di­zin­stu­den­ten, der »Mem­non«-Bundesgenosse August Win­kel­mann, der 1803 mit Drei­und­zwan­zig Pro­fes­sor am Col­le­gi­um Me­di­cum in Braunschweig wurde, sowie der spä­te­re Di­rek­tor des Wei­ma­ri­schen Me­di­zi­nal­we­sens Lud­wig F. v. Froriep.180 Zu der eigenen Re­gi­stra­to­ren­tä­tig­keit hat sich Klin­ge­mann nie ge­äu­ßert. Mit Ge­müts­krank­en kann er schon über seinen Va­ter in Be­rüh­rung ge­kom­men sein, denn in dem sog. Werk- oder Zucht­haus in Braun­schweig, das einen ei­ge­nen Arzt und ei­nen Wund­arzt un­ter­hielt, wur­den auch »Blöd­sin­ni­ge, und des Verstandes beraubte Per­so­nen« auf­ge­nom­men; in dem für Män­ner be­stimm­ten »un­tern Stock­werk sind ... kleine abgesonderte Be­hält­ni­ße für ganz ra­sen­de Per­sonen. Das zwei­te Stock­werk ist zum Auf­ent­halt der Zücht­linge, und me­lan­ko­li­scher Per­so­nen weib­li­chen Ge­schlechts be­stimt.«181 Je­denfalls beruft sich Klingemann bei der Schil­de­rung ei­nes Be­suchs bei den »men­te cap­tis« in Cel­le (1817) auf ei­ge­ne frühere Beobachtungen:

 

      »Es ist ein trauriger Anblick, wenn sich die Gemächer öffnen, in welchen jene unschädlicheren Irren

      verwahrt sind; deren Wahnsinn, in seiner eigenen innern Welt verkehrend, wenig oder gar nicht nach

      Außen wirkt, und sich nur durch geheimes Lächeln, Winken, Zunicken, oder durch andere seltsame

      Bewegungen und abgeris­sene, unzusammenhängende Reden äußert. Es ist mir immer unendlich

      wehe in der Nähe dieser Armen geworden; indeß jene Rasenden, welche die Eisenstäbe ihrer Käfige 

-------------------------------------------------------------------------------------------

178  Rippentrop, a.a.O. (Fußnote 127 auf S. 72), Bd. 2. S. 42f.   

179  Johann Joachim Eschenburg, Lehrbuch der Wissenschaftskunde, ein Grundriß encyklopädischer Vor­le­sun­gen (2. Aufl., Berlin u. Stettin 1800), S. 254 

180  Zu Froriep vgl. Klingemann, Kunst und Natur, a.a.O. (Fuß­no­te 23 auf S. 22), Bd. 2, S. 403


Zurück                                                   - 89 -

Weiter
Top
http://www.fleig-fleig.de/