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DEBAKEL DER »PARALLELEN«-BEWEISFÜHRUNG. BANALISIERUNG DURCH SCHILLEMEIT

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(Schel­ling) zu dem Stoßseufzer: »Ist denn wirklich umsonst in letzter Zeit die völlige Un­zu­läng­lich­keit die­ses Be­weis­mit­tels erwiesen wor­den?«62


Als Auswahlverfahren eines Unbekannten aus einem größeren Auto­renkreis ohnehin untauglich und le­dig­lich ge­gen­über einem anderweitig irgendwie schon in Verdacht Geratenen einzusetzen, verführt die Pa­r­al­le­len-An­samm­lung an­schei­nend durch die Kürze ihrer Zugriffsmöglichkeit, durch die Er­war­tung, daß im blo­ßen Ne­ben­ein­an­der­stel­len von ähnlichen oder teil­identischen Formulierungen als sol­chem schon, so Zi­tat für Zi­tat ab­ruf­bar, je­des­mal gleich­sam ein Stückchen Identität des Ver­fas­sers re­prä­sen­tiert und Zug um Zug so kom­plettiert wer­den könn­te. Wer so die verwickelte in­di­vi­du­al­ge­schicht­li­che Dar­stellung zu vermeiden trachtet, verpaßt beim Iden­ti­fi­zie­ren die ent­schei­den­de Di­men­si­on persönlicher Identität, ihre eigentümliche Intelligenz und Lebendigkeit, die durch Ent­wick­lungs­sprün­ge und Selbst­wi­dersprüche geprägt ist und sich nur so begreifen und verfolgen läßt. Diese in sich strit­ti­ge le­bens­ge­schicht­li­che Konsequenz kommt beim Parallelen-Nach­weis, der auf Gleich­för­mi­gkeit setzt, also gar nicht erst in Be­tracht; statt­des­sen stellt sich ihm Individualität als et­was Sub­stan­ti­ell-Ge­ron­ne­nes dar, das nur als ein sich Wie­der­ho­len­des in den sprachlichen Äu­ße­run­gen sich iden­ti­fi­zie­ren lasse, - ein methodischer Konservatismus, der iro­ni­scher­wei­se ei­nem Schrift­stel­ler zum Op­fer fal­len muß­te, dem wie Bonaventura längst selber schon der­art ver­ding­li­chen­de Auf­fas­sun­gen von In­dividualität suspekt geworden waren und der sich ebenso wie ge­gen mo­disch ab­frag­ba­re Per­sön­lich­keit­sat­tri­bu­te (12. Nachtwache) auch gegen die philosophischen In­di­vi­du­al­fe­ti­sche oder »Selbst«-Kon­sti­tu­ie­run­gen sei­ner Zeit gewandt hatte.

   Nun hat auch Schillemeit einige literarische Charakteristika Klingemanns beobachtet und einmal gar von seinem »Hi­stri­o­ni­schen«, schauspielähnlichen Zitieren gesprochen. Für die Identifizierung sel­ber je­doch hat er es nicht be­rück­sich­ti­gen können; wo jemand laufend in »Parallelen« oder »Ent­spre­chun­gen«, »Ana­lo­gi­en«, »Anklängen«, gar in »Re­fle­xen«, »Nie­der­schlä­gen«, »Spiegelungen« und der­glei­chen Ka­te­go­ri­en denkt, wird, im Ver­hältnis der »Nacht­wa­chen« zu Klin­ge­manns anderen Ar­bei­ten, schon im An­satz die li­te­rarische Biographie in ihrer Eigenwilligkeit er­stickt; ver­kannt wird folg­lich auch, im Ver­hält­nis Klin­ge­manns zu den Zeitgenossen, sowohl der belebende Wi­der­stand sol­cher An­re­gun­gen gegen die eigenen (lebensgeschichtlichen) Verfestigungen und Selektionen als auch um­ge­kehrt das spon­ta­ne, spie­le­ri­sche und oft virtuose Uberformen vermeintlicher »Reflexe« oder »Anleihen«. Dabei könn­te man durch­aus auch mit der Kategorie »Parallelstelle« sinnvoll ar­bei­ten; auffallende Ähnlichkeiten, Übereinstimmungen im 

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62  So Oskar F. Walzel 1905 in seinem Referat über Hermann Michel (vgl. Fußnote 39 auf S. 32) in: Deutsche Lit­e­ra­tur­zei­tung (1905), Spal­te 2664

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