Home
Impressum
RUTH FLEIGS GALERIE
Schulkinder malen
Bilderbuch Rob. Rabe
Kritzel-Kratzel
HORST FLEIGS TEXTE:
I  Philosophica
II  Reiseberichte
III Zu Wim Wenders
IV Film und Kindheit
V Mitschüler/Schulen
VI Germanistica
A DER ALTE GOETHE
Briefpartner
Briefkunst
Gesprächspartner
Goethes Tagebuch
Schatten des Todes
Ausg. letzter Hand
Weltliteratur
Geistig vereinsamt
Sekretieren
Erinnerungsschocks
Sich-historisch-Sein
›Warte nur, balde‹
Kollektivwesen Genie
Hypsistarier Goethe
B ZU THEODOR FONTANE
Herr von Ribbeck
Grete Minde
Ellernklipp
Unt. Birnbaum. Quitt
L'Adultera
Schach von Wuthenow
Gegenzeitigkeit
Zur Stechlin-Fontäne
C ZU »BONAVENTURA«
Literar. Identität
Mikrostilistik
Exlusionsphase
›Memnon‹-Nacht
Name und Maske
D ZU AUG. KLINGEMANN
Inhaltsübersicht
Forschung seit 1973
Kandidatenreigen
Sprachstatistiken
K-s Artikel und ›Nw‹
Datierungstabelle
Arnims Nachtwache
Nacht bei Klingemann
Pseud. Bonaventura
Demiurg Shakespeare
Maske »Nihilismus«
»Parallelen«-Debakel
Mimetisches Genie
Prometheus Theater
Braunschweiger Vita
Vampirismus
Zwei Lieblingsorte
Collegium Medicum
Freigeist Lessing
Mentor Eschenburg
Alessandro-Kreuzgang
Weitere Postskripte


BILDER FONTANES GEGEN DEN TOD. HERR VON RIBBECK AUF RIBBECK

________________________________________________________________________________________



und ka­me­rad­schaft­lich auch der "lütt Dirn" angeboten wurde, zum Zau­be­rer selbst, sei­ner Stimme nach, die zu­letzt aus sei­nem Birn­bau­mver­steck herüberdrang. Un­heim­lich dar­an war, wenn dies auch vom Kind als Bild nicht wei­ter aus­ge­malt wur­de, wie die Frucht aus dem Tot­ge­sag­ten her­aus­kommt. Und verführerisch zog sie ei­nen hin­weg von den Er­wach­se­nen und ih­ren satt­sam be­kannten, halb verstandenen Mahnungen zog, sich ja nur in acht zu neh­men vor sol­chen An­trä­gen. Erst dem end­lich selber Erwachsenen ging die versteckte Ar­gu­men­ta­ti­on die­ses weit­her­zi­gen Spen­ders voll auf: Daß al­so die Rib­beck­sche So­li­darität mit den Kin­dern weit über das Über­li­sten der Er­ben von Fleisch und Blut hin­aus­drängt; daß die wit­zige Wendung gegen die her­kömm­li­che Ab­fol­ge der Ge­nerationen und ih­re Be­sitztitel einen auch me­ta­phy­si­schen Cha­rakter hat. Die­ser er­scheint, un­aus­steh­lich bei­na­he, in dem zur Aus­söh­nung mit dem Tode hart­nä­ckig an­ge­bo­te­nen ur­alten Bild ei­ner Pa­lin­ge­ne­se, hier als Weiterleben im Na­tur­kreis­lauf von dem Moment an, als der Al­te just zur Rei­fe­zeit sein En­de füh­le, bis hin zu die­sem Flüstern in dem der Lei­che ent­wach­se­nen Birn­baum.1


Buchstäblich genommen, wäre dies eine gräßliche anthropophagische Zumu­tung. Erträglich und neu ver­lo­ckend wird es als Doppelspiel, das sich sowohl ge­gen die "Feiergesicht"-Gläubigkeit derer wen­det, die da zur Bei­set­zung des Al­ten an­zu­tre­ten und zu singen haben "Jesus meine Zuversicht", als auch ge­gen die übli­chen pla­nen Über­lie­fe­rungs- oder Fort­schritts­dok­tri­nen. Wie sich näm­lich bei Fon­ta­ne das Al­te aus dem Sarkophag des "stil­len Hau­ses" her­vor­ar­bei­tet und neu­en Se­gen zu stif­ten ver­mag, läßt sich ja so­wohl als ir­di­sches Ge­gen­bild zu dem lee­ren, auf ein Jenseits ver­trö­sten­den Grab Chri­sti als auch zu den Ge­schichtsmodellen auf­fas­sen, die das Ver­gangene als ein Er­le­dig­tes ab­tun oder es zu ih­rer we­sen­los gewordenen "Vor­geschichte" her­ab­set­zen.

-------------------------------------------------------------------------------------------

1 In ihrem Bilderbuch für das Vorschulalter (illustriert von Marta Koci) trägt die Baum­kro­ne "Züge des paus­bä­cki­gen Ge­sichts" des Beigesetzten. Vgl. Tomas Küp­per, "... leuchtet’s wieder breit und weit". Zur Po­pu­la­ri­tät der Rib­beck-Bal­la­de. In: Fon­ta­ne-Blätter 67 (1999), S. 106-121; Zitat S. 108


- 2 -


Zurück


Bildquelle: ›Theodor Fontane. Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland mit Bildern von Marta Marta Koči ‹ (3. Aufl. Zürich 1999)
Weiter
Top
http://www.fleig-fleig.de/