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BILDER FONTANES GEGEN DEN TOD. VOM VERSTECKSPIELEN ZUM KRYPTISCHEN ERZÄHLEN

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    "Da saß ich dann endlos, unter beständigem Herzklopfen, vor Enge und

     Schwüle beinahe erstickend und im­mer nur durch die glückselige Vor-

     stellung aufrechterhal­ten: 'Und wenn sie dich suchen bis an den Jüng­sten

    Tag, sie fin­den dich nicht.' Und sie fan­den mich auch wirklich nicht ..."


So er­in­nert sich im 14. Kapitel von Meine Kinderjahre (1894) der 72-jährige des ihm so rätselhaft ge­blie­be­nen Glücks­ge­fühls beim Versteckspielen, wenn er, ge­sucht von nicht weniger als sechs bis acht Jun­gen, in die tie­fen Löcher der auf dem Dachboden des Swinemünder Elternhauses auf­ge­schich­te­ten Heu­haufen hin­ab­ge­glit­ten war. Über Stunden hin soll er sich dann so gehalten ha­ben! Ei­nen Zu­stand wie die­sen, wo hell­ste Lust der To­des­starre abgewonnen wird und ein be­frem­den­des Vor­ge­fühl von Un­sterb­lich­keit ("bis an den jüng­sten Tag"), hat ei­gent­lich nur noch ei­ner über­lie­fert, Mar­cel Proust in den gran­di­o­sen Szenen der in un­will­kür­li­cher Er­in­ne­rung sich neu ent­fal­ten­den Le­bens­zeit. Und wenn der Li­te­rat Proust dem Kin­de in sich die Treue hält, in einer Ar­ti­stik, in der gleich die er­ste er­zähl­te der so auf­trei­benden Er­in­ne­run­gen, die Ma­de­leine-Sze­ne, sich den wei­te­ren Hand­lungs­raum der Er­zäh­lung er­obert, Haus und Um­ge­bung der Tan­te Le­o­nie zu Com­bray dem Ver­ges­sen ent­reißt und sich schließ­lich ei­ner zeit­über­schrei­ten­den Exi­stenz ge­wiß ist, dann ist es das Ver­steck­spiel, das zum Herz­stück der Kunst Fon­tanes wur­de, in­dem er sei­ne kri­ti­schen Zeit­di­a­gno­sen im­mer ver­we­ge­ner in ei­ner verschlüsselten Sprache vor­trug, das In­ner­ste sei­nes kryp­ti­schen Er­zäh­lens da­durch frei­lich nicht nur sei­nen zeitgenössischen Le­sern ent­zog, son­dern es über­haupt auf un­ab­seh­ba­re Zeit auf Eis leg­te. An an­de­rer Stelle hatte ich dies aus­führ­li­cher dar­ge­stellt2 und möch­te jetzt nur der Ver­steck­su­che als einem manifesten, nicht ver­bor­gen einge­rich­te­ten Er­zähl­mo­tiv bei Fon­tane nach­ge­hen, bis da­hin, wo er erstmals sich selber als den sich ver­ste­cken­den Erzähler ins Spiel bringt (in der 1882 er­schie­ne­nen Erzählung Schach von Wu­thenow).

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2 Horst Fleig, Sich versagendes Erzählen (Fontane), Göppingen 1974; in: Göp­pin­ger Arbeiten zur Ger­ma­ni­stik, Nr. 145


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Verwegene Umschlaggestaltung von Walter Hellmann für die Nachwende-Erzählung von F.Ch. Delius (11. Aufl. Hamburg 2011)
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