Home
Impressum
RUTH FLEIGS GALERIE
Schulkinder malen
Bilderbuch Rob. Rabe
Kritzel-Kratzel
HORST FLEIGS TEXTE:
I  Philosophica
A ZUR ANTHROPOLOGIE
Sloterdijk-Habermas
Pico della Mirandola
Michel de Montaigne
J. G. Herder
Max Scheler
Helmuth Plessner
Rück- und Ausblick
B ERINNERUNGSBILDUNG
Schock der Rückkehr
Erinnerungsautomatik
Wuchernde Phantasie
Seel. Raumpositionen
Sprache und Erinnern
Besuch als Korrektiv
Identitätsfragen
Steuernde Phantasie
Über das Vergessen
Biogr. Stimmigkeit
Proust. Doppelgänger
Psychobiologisches
II  Reiseberichte
III Zu Wim Wenders
IV Film und Kindheit
V Mitschüler/Schulen
VI Germanistica

JOHANN GOTTFRIED HERDER
-----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------



Herder führt in seinem Werk jedoch Pico nirgendwo an, so daß ich eine dritte Quelle hinter beiden ver­mu­te.2 Wäh­rend nun bei dem Re­nais­­sance­hu­ma­nisten der göttliche Appell an die Freiheit des Men­schen ab­strakt bleibt und nicht zu erkennen ist, wie dieses durch keine beson­de­re Eigen­schaften de­ter­mi­nier­te We­sen sich sel­ber seine Le­bens­form ge­ben kön­ne, lautet bei Herder der Appell an das zu einem „Kunst­werk” ge­form­te Ge­schöpf konkret: „Steh auf von der Er­de!” Der aufrechte Gang ist es, über den sich die Be­stim­mung des Menschen erfülle, in­dem er un­ter an­de­rem das Frei­werden der Hän­de zum hand­werk­lich-tech­­ni­­schen Ge­brauch er­mögliche und dank der be­son­de­ren Nei­gung und For­mung des Kop­fes ei­ne ent­spre­chen­de Gehirnbildung sowie dank der Ge­stal­tung des Kehl­kop­fes die Spra­che.3 Letz­te­re ist für Her­der das Haupt­­mit­tel zur Bil­dung des Men­schen, „die große Ge­sel­le­rin”, durch die er al­lein zur Ver­nunft kom­me. „Nur die Spra­che hat den Menschen mensch­­lich ge­macht, in­dem sie die un­geheure Flut seiner Af­fek­te in Däm­­me ein­schloß und ihr durch Worte ver­nünf­ti­ge Denk­ma­le setz­te.” „Al­­le, die eine ge­lern­te Spra­che ge­brau­chen, ge­hen wie in ei­nem Traum der Ver­nunft ein­her; sie den­ken in der Vernunft an­drer und sind nur nach­­­­ah­­mend wei­se”.4

-------------------------------------------------------------------------------------

2 Nämlich Platons Dialog Protagoras (320d – 321e), wo wie gele­gentlich bei Herder die im Ver­gleich mit dem Tier un­zu­läng­li­che Ausstattung des Men­schen angespro­chen wird. Die Titel­figur trägt hier den um So­kra­tes Ver­­sam­melten den Myt­hus vor, wie Epi­metheus sich von seinem Bruder Pro­me­theus erbittet, die von die­sem er­schaffenen Lebewesen mit Eigen­schaften au­szu­stat­ten: „Wie aber Epimetheus doch nicht ganz wei­se war, hat­te er unver­merkt schon alle Kräfte aufgewendet für die un­­ver­nünf­ti­gen Tie­re; übrig also war ihm noch unbe­gabt das Geschlecht der Men­schen, und er war rat­los, was er die­sem tun sollt­e. In die­ser Rat­lo­sig­keit nun kommt ihm Prometheus die Verteilung zu beschauen, und sieht die üb­ri­gen Tie­re zwar in al­len Stücken weislich bedacht, den Men­schen aber nackt, unbe­schuht, un­be­deckt, un­be­waff­net, und schon war der be­stimm­te Tag vorhanden, an wel­chem auch der Mensch her­vor­gehn soll­te aus der Er­de an das Licht. Glei­cher­ma­ßen also der Verlegenheit un­ter­­lie­gend, wel­cher­lei Ret­tung er dem Men­schen noch ausfän­de, stiehlt Pro­me­theus die kunst­rei­che Weisheit des He­phai­stos und der Athe­­ne, nebst dem Feu­er – denn un­mög­lich war, daß sie einem ohne Feuer hät­te an­ge­hö­rig oder nütz­lich sein kön­nen –, und so schenkt er sie dem Men­­schen. Die zum Leben nöti­ge Wis­sen­schaft al­so er­hielt der Mensch auf diese Weise, die bürgerliche aber hatte er nicht. Denn diese war beim Zeus ... ”. In: Pla­ton. Sämt­li­che Werke, Bd. 1 (Hamburg 1965), S. 62.

   Vgl. auch Ovids Metamorphosen (I 76-86), wonach Prometheus den Men­schen nach dem Ebenbild der Göt­ter formte und ihn mit dem auf­rech­ten Gang auszeich­nete.

3 Ideen, a.a.O., S. 109f. und 116f.

4 a.a.O., S. 231-237

- 19 -

ZurückWeiter
Top
http://www.fleig-fleig.de/