Home
Impressum
RUTH FLEIGS GALERIE
Schulkinder malen
Bilderbuch Rob. Rabe
Kritzel-Kratzel
HORST FLEIGS TEXTE:
I  Philosophica
II  Reiseberichte
III Zu Wim Wenders
 DER STAND DER DINGE
Sintra vs Hollywood
Fords The Searchers
'The Survivors'
'Zuhause/Heimat'
'Geschichten'
Ersterben der Kamera
   HAMMETT
Zugang zu Hammett
Streifen und Perlen
Neue Existenz
'Der Malteser Falke'
Kunst des Zitierens
IV Film und Kindheit
V Mitschüler/Schulen
VI Germanistica

Tötungshand des „unverwundbar” gewordenen Mark (THE SURVIVORS 05:43)





Rechts: Passionshaltungen am Flugzeugheck (09:42 und 16:05); unten: Verkündung des Drehabbruchs durch den schwarzbehandschuhten Produktionsleiter (gespielt von Arturo Semedo)


Wim Wenders hat die Leidensgeschichte der „Survivors” ebenso wie die Munros stärker als John Ford in die christliche Iko­­no­­gra­phie ein­ge­bun­den, läßt aber immer wie­der die abgewan­delte Falkenklaue „Scars” hineinstoßen. Der mit Ziernarben ver­se­hene Schutzhandschuh Marks, der bei der Tö­tung sei­ner Tochter in einer Nah­auf­nah­me ge­zeigt wird, gehört wie der trie­fen­de Handschuh, den Julia nach der Be­rüh­rung ei­nes knos­pen­ar­ti­gen Aus­wuch­ses an einem Baum­stamm weg­wer­fen muß­te, mit zu je­ner Hand­sym­bo­lik, die schwere Übergriffe und Exi­stenz­be­droh­li­ches be­zeich­net, sei es als Hin­weis auf ei­ne ma­fi­ö­se Film­wirt­schaft (Mafiahand) oder auf die ent­wür­di­gen­de Selbst­be­haup­tung beim eigenen wie beim kol­lek­ti­ven Über­le­be­ns­kampf. Nach der letz­ten Re­gie­an­wei­sung Munros wird auf den Pro­duk­ti­ons­lei­ter und Verbindungsmann zu Gor­don ge­schnit­ten, der, je­nes Flug­zeug­heck im Rücken, laut­hals den Ab­bruch der Dreh­ar­bei­ten ver­kün­det, wobei er sei­ne Lin­ke zu­gleich mit seiner schwar­zen, im­mer be­hand­schuh­­ten Rech­ten Auf­merk­sam­keit hei­schend emporstreckt. Die in der schwar­zen Hand­flä­che Te­le­fon­ta­sten gleich blin­­­ken­­den Me­tall­knöp­fe, die dieser ex­tra­va­gan­te Schau­spie­ler eines Nervenleidens wegen trug, darf man an dieser Filmstelle vielleicht als An­spie­lung auf die Mu­tanten des so­e­ben ab­ge­bro­che­nen Films bzw. auf den un­ver­wund­bar ge­wor­de­nen Me­tall­men­schen in Allan Dwans ,The Most Dan­ger­ous Man Alive’ ver­ste­hen. Denn dieser war, wie auf dem Kinoplakat zu sehen, bei ei­ner Nu­kle­ar­ex­plo­si­on über sei­ne Hand­schellen kontaminiert und allmählich in ein Metallwesen trans­for­miert wor­den.


Wenn die Gruppe der „Survivors” endlich ihr Ziel vor Augen hat, wird sie nicht etwa dort, am Meer, gezeigt, sondern vor­erst beim Bestaunen und Be­ta­sten des in den Sand gebohrten kreuzförmigen Flugzeughecks. Und sie befindet sich immer noch dort, wenn Robert nach dem Ab­bruch dieser Film­se­quenz die Arme in Form der da­ne­ben­ste­hen­den Heckflosse aus­brei­tet und ausruft, daß es endlich „vorbei” sei („Ist kaum zu glau­ben ... Das Ge­hum­pel ist vor­bei!” 09:42: siehe Ab­bil­dung S. 11). Eine Tra­ve­stie der Kreu­zes­sze­ne Chri­sti („Es ist vollbracht!”), bei der ei­nem die Sze­ne von Wen­ders’ ,Im Lauf der Zeit’ in den Sinn kom­men mag, wo Ro­bert die Passionshaltung ei­ner von ih­rem Kreuz „befreiten” Chri­stus­fi­gur par­o­diert. Jetzt aber fin­det sich die­se Ge­ste am En­de der lan­gen Sequenz ein, die im Zeichen ei­nes kommenden rück­sichts­lo­sen Über­men­schen steht.

  Nur Julia war schon zur Hotelruine vorausgelaufen und hatte die Mauer der Terrasse über­klettert. Steht sie zu Beginn des nach­f­ol­gen­den lang­sa­men Schwenks hin­über zum Meer noch statuarisch an der linken Bildseite, taucht sie bei dessen Ab­­schluß unversehens dort rechts wieder auf! Sie nimmt ih­re Schutz­bril­le und -mas­ke ab und sagt: „Jetzt haben wir ein Zu­­­hau­­se ge­­­fun­­den.” Wie höhnisch daraufhin das Gekreisch eines Raubvo­gels dro­ben, den sie mit den Bli­cken sucht, sich da­bei im­mer wei­­­ter zu­rück­leh­nend, bis auf einmal erschreckend laut die Brandung zu hören ist und sich zu­gleich von hin­ten her ein Mann mit flat­terndem schwar­zem Haar so tief über sie beugt, daß ihr Ge­sicht über­schat­tet wird!

Nachgespielt wird hier wohl, auch dank Patrick Bauchaus wundervollem In­dia­ner­pro­fil, der Schockmoment beim Erscheinen des anderen Raub­vo­gels, des Schwar­zen Falken, als dessen Schatten sich über die Versteck suchende Debbie legt. Der Schock ist jetzt um so unerhörter, als ,The Sur­viv­ors’ bis da­hin nicht als Film im Film kennt­lich war und erst in die­sem Moment „gerahmt” wird.7 Und noch im selben Augen­blick wird der Film dem Ho­ri­zont des Re­gis­seurs Munro und seiner Crew ent­zo­gen, zu­ge­wie­sen dem am­bi­va­len­ten Hol­ly­wood, das von einem John Ford eben­so wie von der anonymen Kor­rup­ti­on der Film­in­du­strie ge­prägt werden konnte.


                     - 13 -

ZurückWeiter
Top
http://www.fleig-fleig.de/