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VI Germanistica



Horst Fleig, Paßphoto im Schülerausweis von 1958/59
(Ich nahm hierfür einen mein Schülerdasein bezeichnenden Gesichtsausdruck an.)



Leiden und Widerstreben eines Unterstufenschülers

 


Und so manövriere und schummele ich mich weiter durch, immerzu mit bösen Vorgefühlen und mehr oder min­der schlech­tem Gewissen. Am Sonntagnach­mit­tag oder -abend überfällt mich in den Au­gen­bli­cken, in de­nen ich an die mor­gen be­gin­nen­de Schulwoche denken muß, eine kur­ze heftige Übel­keit, oder es durch­wallt mich heiß.


Im Laufe der Jahre weiß ich meine Arbeit für die Schule so zu dosie­ren, daß ich in meinen schwä­che­ren Fä­chern eben noch mitkomme und möglichst nicht mehr be­hel­ligt werden kann. Mehr will ich nicht. Zwar ha­be ich noch öfter die ver­stö­ren­de Empfindung, dies und das we­gen der mir feh­len­den Grund­la­gen nicht recht zu verstehen, ja vielleicht et­was be­griffs­stut­zig zu sein, bin aber nie mehr so ver­zwei­felt und klein­mü­tig wie frü­her. Falls ich überhaupt je klein­mü­tig war; denn schon als Quin­ta­ner oder Quar­ta­ner sa­ge ich einmal lei­se zu mir, daß ich die Sache im Grunde viel bes­ser ver­­ste­­he als der mich so­eben verhörende Lehrer.

Woher nur nahm der von beinahe allen guten Geistern ver­las­se­ne Quarta­ner oder schon Sextaner, der das meiste nur stumm über sich ergehen las­sen konn­te, die Kraft da­zu? Sollten mir etwa meine Er­fah­run­gen im El­ternhause in­so­­fern von Nutzen gewesen sein, als sie mich zu einem Vir­tuo­sen des Tot­stell­re­fle­xes wer­den lie­ßen, der durch Miß­ach­tung und Gering­schätzung nicht mehr tiefer zu ver­­let­zen oder we­nig­stens nicht so leicht kaputtzukriegen war? Denn verletzt und gedemütigt fühlte ich mich zwei­fel­los, je­ner gei­sti­ge Hoch­mut war ja meine Antwort dar­auf.

   Und warum entsann ich mich in der Unterstufe nicht mei­ner Erfah­rung aus dem 3. Schuljahr, daß sich auch grö­ße­re Wis­sens­lü­cken triumphal wie­der wettma­chen las­sen? Ich war wohl doch schon zu de­mo­rali­siert und konn­te mich nur durch das trot­zig auf­schie­ßen­de Selbst­ge­fühl ret­ten, eine narzißtische Trö­stung, die ver­wandt war mit der um 1955 mich über­ra­schen­den gran­di­o­sen Gewißheit, nicht sterben zu kön­nen.


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