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Verrottendes Tonnendach meines ehemaligen Lieblingskinos (1990)

 


Ein- oder zweimal scheint mir dies dann in einer Nachbarstadt zu widerfahren. Am leichtesten fällt mir der Schum­mel­ver­such in einer Jun­gen­grup­pe, vor allem dann, wenn der vorantreten­de Älteste gleich für uns alle Kar­ten an­for­dert.

Daß in bestimmten Kinos oft erhebliche Differenzen zwischen dem „FSK”-Al­ter und dem der meisten Be­su­­cher to­le­riert wur­de, war be­son­ders an den nai­ven oder auch ängstlichen Aufschreien der al­ler­jüng­sten Besucher zu bemer­ken.

 

Denke ich an dieses Kino, habe ich öfter eine Kampfesszene vor Au­gen, die auf dem dane­benliegenden Markt­­platz pro­ji­ziert erscheint, so, als wä­re er die Lein­wand: Ein antiker Kampfwagen rast heran, über des­sen ro­tierende Si­chel­ach­sen der Held, der sich auf einem schma­len Saum zwi­schen zwei Gruben zu be­f­in­­den scheint, eben noch hin­weg­sprin­gen kann. Ich bin mir nicht sicher, ob diese Szene zu ei­nem der hier ge­sehenen Fil­me ge­hört oder zu ei­nem Se­ri­en­heft­chen wie ‚Akim’, das ich an dem Ki­osk neben dem Ki­­no zu kaufen und noch auf der Stel­le zu durch­blät­tern pfle­ge.

 

Im Lauf der Zeit hatte sich in mir eine heftige Sehnsucht nach diesem und auch dem nachfolgenden Kino ein­ge­stellt. Denn Jahr­zehnte spä­ter, im Al­ter von 30 bis 40 Jahren, träumte ich einige Male von beiden Kinos – lei­­­der kaum mehr seit etwa 1985, seitdem ich wie­der­holt vor Ort war und betrübt ihren Nieder­gang re­gi­strie­ren mußte. In dem einen hatte sich über Jahre hin ein Teppichge­schäft ein­quar­tiert und danach eine Schule für Selbst­ver­tei­di­gung, die bei mei­nen Be­su­chen immer ge­schlossen war. In meinen Träu­men war ich min­de­stens schon 15 Jahre alt und kam zu dem Kino in der Hoff­nung zurück, ehemalige Schul­kameraden dort wie­der­z­u­se­hen, vor al­lem El­ke, die ich tatsächlich ein­mal – und zum al­ler­letz­ten Mal! – mit 15 oder 16 Jah­ren da­vor ge­se­hen hat­te. Das Ki­no hat­te sich in mei­nen Träumen immer wie­der stark ver­ändern können, be­saß so einen Ein­gangs­be­reich mit mehreren Zu­gän­gen und nä­her­te sich auch in der Über­da­chung und Leuch­tre­kla­­me einem Groß­stadt­ki­no an.

   Und dann (1995) träume ich doch noch einmal von dem Kino: Ich be­trete das neue, stark verwinkelte Foy­er. In dem Ge­drän­ge kommt mir bald eine jun­ge Frau ent­gegen, die mich mit ihrer spitzen Nase und einem Mut­­­ter­mal(?) auf der lin­ken Wan­ge an Elke er­in­nert. Oder ist sie es gar selbst? Ich gehe unge­rührt weiter. Da­­nach fällt mein Blick auf ein grün­be­schrif­te­tes Plakat, das ei­nen Mär­chen­film an­kün­digt, von dem ich mir si­­­cher bin, ihn hier früher schon einmal an­ge­schaut zu ha­ben. Ist es nicht ‚Der Wolf und die sie­ben Geiß­lein’? Zu­letzt he­be ich den Kopf und er­bli­cke rechts vor mir den Bal­kon, der nun aber zwei mit roten Plüsch­vor­hän­gen ver­se­he­ne Fen­ster­flü­gel hat.

   Obgleich ich diesen Traum auf der Stelle als meine endgültige Verab­schie­dung von El­ke auffaßte und ak­zep­tier­­te, liegt mir das Ki­no selbst im­mer noch am Herzen. Wenn überhaupt, dachte ich schon so manches Mal, wür­de ich in diesem Saal ein großes, all die mir ver­lo­ren­ge­gan­ge­nen Per­sonen und Zeiten neu zu­sam­men­füh­ren­des Fest feiern.


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